4. Jahreskongress zur politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern: Mehr Bürgerbeteiligung, mehr Demokratie? Politische Bildung und Partizipation.

Format: Jahreskongress
| Goldener Saal im Neustädtischen Palais Schwerin
Puschkinstr. 19 | 19055 Schwerin
Veranstalter: Landeszentrale für politische Bildung

Der 4. Jahreskongress zur politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern fand am 4. November 2011 in Schwerin, im Goldenen Saal des Neustädtischen Palais statt. 170 Gäste nahmen teil. Der Kongress stand unter dem Motto „Mehr Bürgerbeteiligung, mehr Demokratie? - Politische Bildung und Partizipation“. Damit wurde die bundesweite Debatte zur Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie aufgegriffen. In deren Mittelpunkt steht die Frage, ob jenseits der althergebrachten Beteiligungsformen zum Beispiel über Parteien und Verbände neue und weitergehende Partizipationsmöglichkeiten für die Bürger notwendig sind, um die Demokratie attraktiv und anpassungsfähig zu halten. Und, ob neue Beteiligungsformen - wie. z.B. Referenden - unter Umständen auch Gefahren für die Demokratie mit sich bringen.

Prof. Dr. Hubertus Buchstein (Universität Greifswald) wies in seinem interessanten Vortrag vor diesem Hintergrund u.a. auf die soziale Selektion bzw. soziale Schieflage bei direktdemokratischen Verfahren hin. Zuvor stellte der neue Bildungsminister, Mathias Brodkorb, in seinem Grußwort eine Stärkung der politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern in Aussicht.

Als zweiter Hauptreferent diskutierte Prof. Dr. Andreas Petrik (Universität Halle-Wittenberg) über die möglichst sinnvolle Verknüpfung von partizipativen - d.h. erfahrungsorientierten - Ansätzen der Demokratiepädagogik mit der „klassischen“ politischen Bildung in der Schule. Sein Fazit lautet sinngemäß, dass politische Bildung im „klassischen“ Sinne den niedrigschwelligen Zugang durch einen lebensweltlichen, erfahrungsbasierten Ansatz benötigt. Andersherum ist der rein erfahrungsbasierte, eher projektorientierte Ansatz der Demokratiepädagogen ohne die kritische Reflektion im klassischen Politikunterricht (in MV das Fach „Sozialkunde“) ohne - politischen - Lerneffekt für die Schüler, unter Umständen ist er sogar kontraproduktiv (z.B Mikro-Makro-Kurzschlüsse, Moralisierungsfalle usw.). Mit dem von ihm (weiter)entwickelten Planspiel „Dorfgründung“ versuchte er die notwendigen Brücken zwischen den verschiedenen didaktischen Perspektiven der politischen Bildung zu schlagen.

Am Nachmittag konnten sich die Teilnehmer in vier Workshops über neue oder bereits bewährte partizipative Methoden der politischen Bildung informieren. Dr. Michael Wehner (LpB Baden-Württemberg), Dr. Kerstin Pohl und Markus Soldner (Leibniz Universität Hannover / TU Dresden), Titus Möllenbeck (Akademie für politische und soziale Bildung der Diäzöse Mainz, Heppenheim) sowie Carsten Socke und Marcel Horning (LpB MV, Busprojekt "Demokratie auf Achse") stellten u.a. die "Talkshow", ein Planspiel "Wahlen" und kleinere kreative Methoden und Formate der politischen Bildung vor.

Am Abend fand zudem aus Anlass des 20jährigen Bestehens der Landeszentrale und der AG der freien Träger der politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern eine kleine Festveranstaltung statt. Festredner war der ehemalige Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Dr. h.c. Siegfried Schiele, der in seiner Rede eindringlich auf die große, aber zumeist unterschätzte Bedeutung der politischen Bildung aufmerksam machte. Auf der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Klaus-Dieter Kaiser (Leiter der Evangelischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern), Susanne Krüger (Lehrerin, Erasmus-Gymnasium Rostock), Marion Richter (Vorsitzende des SprecherInnenrats der AG Träger der politischen Bildung MV), Dr. h.c. Siegfried Schiele (Direktor der LpB Baden-Württemberg a. D.) und Jochen Schmidt (Direktor der LpB MV) Herausforderungen und Perspektiven der politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern. Moderiert wurde die Runde von Thilo Tautz (NDR-Nordmagazin).